Wohnen

Umbenennung am Lousberg: Studierende feiern das „Renate-von-Brause-Haus“

Aachen, 12. Juli 2025. Der älteste der vier markanten Studierendentürme am Aachener Lousberg, das „Otto-Petersen-Haus“, trägt ab sofort einen neuen Namen. Mit der Ein-weihung des umgestalteten Eingangsschildes durch Geschäftsführer Sebastian Böstel, Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen und den Haussprecher David Grießner wurde das Wohnheim offiziell in „Renate-von-Brause-Haus“ umbenannt – ein Schritt, der weit über die bloße Namensänderung hinausgeht.

Ein Symbol für Wandel
Das „Otto-Petersen-Haus“ war der erste von vier studentischen Wohntürmen, die in den 1960er-Jahren in der Rütscher Straße entstanden sind. Seit Jahrzehnten prägen sie das Bild des Aachener Westens – doch der Name des ersten Turms war bislang mit einer dunklen Vergangenheit behaftet: Der ursprüngliche Namensgeber galt bei vielen aufgrund seines offenen Bekenntnisses zur NSDAP und seines höheren Partei-postens im Dritten Reich als umstritten.

Mit Blick auf eine offene, tolerante Gesellschaft hatte sich Sebastian Böstel bereits seit seinem Antritt als Geschäftsführer mit der Thematik auseinandergesetzt und beschlossen, den Namen zu ersetzen. Der 60. Geburtstag des Turms in diesem Jahr bot einen perfekten Anlass. Bei seiner Grußrede betonte er: „Es war mir von Anfang an ein großes Anliegen, eine Umbenennung des Wohnheims vorzunehmen. Als Dienstleister für die Studierenden und Betreiber der Wohnheime möchten wir in diesen Zeiten Verantwortung übernehmen und uns klar gegen jede Form von Extremismus positionieren. Als neue Namenspatronin haben wir die Architektin Renate von Brause gewählt – eine Frau, die einen starken Bezug zu diesem Wohnheim hat. Sie war eine engagierte Planerin und Hochschullehrerin, die maßgeblich an den Entwürfen unserer vier Türme beteiligt war. Ihr Einsatz für Innovation und Gleichberechtigung macht sie zur idealen Namensgeberin – gerade auch vor dem Hintergrund ihrer Rolle als Pionierin in einem männerdominierten Beruf.“

Stille Gestalterin der Nachkriegszeit
Renate Knacke von Brause (geb. von Brause) wurde am 23. Juli 1921 in Deutsch Eylau im heutigen Polen geboren. Sie studierte Architektur an der Technischen Hochschule Aachen, der heutigen RWTH. Während ihres Studiums arbeitete sie als Hilfsassistentin von Prof. Dr. Hans Schwippert am Lehrstuhl für Handwerkskunde. Schwippert ist bis heute als Gestalter des Wiederaufbaus in der westdeutschen Nachkriegsmoderne bekannt. Nach ihrer Tätigkeit bei einem Berliner Architekten betreute sie eigenständig Projekte und war maßgeblich an öffentlichen Bauten beteiligt. Beim Bau der vier Türme übernahm sie die Entwurfs- und Durchführungsarbeiten in leitender Funktion. 1969 erhielt sie eine außerplanmäßige Professur an der RWTH. 1971 wurde sie zur Wissenschaftlichen Rätin und Professorin ernannt. Obwohl sie in der Öffentlichkeit wenig bekannt war, prägt ihre Arbeit das Stadtbild von Aachen bis heute. Studierende sowie Kolleginnen und Kollegen schätzten sie als präzise, gewissenhafte Architektin und als menschlich herausragende Persönlichkeit.

Gegen Ausgrenzung und für Toleranz
Auch die Aachener Oberbürgermeisterin Sybille Keupen begrüßt die Umbenennung: „Ich freue mich sehr, dass Studierendenwerk und Studierende mit dem ‚Renate-von-Brause-Haus‘ gemeinsam einen neuen Namen für den Studierendenturm am Lousberg gefunden haben. Das ist eine Entscheidung mit Weitblick und ein deutliches Statement für eine offene, tolerante Gesellschaft und Hochschule."

Dem kann David Grießner, Haussprecher der Bewohnerschaft im Renate-von-Brause-Haus, nur zustimmen: „Vielfalt und Toleranz sind zwei unserer größten Stärken, nicht nur im Miteinander als Nachbarn, sondern auch als Studierende und als Aachener. Unser Wohnheim soll ein Ort sein, an dem jeder willkommen geheißen wird, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht. Es ist wichtig, dass wir diese Vielfalt nicht nur leben, sondern sie auch nach außen als Vorbild zeigen. Dafür ist der neue Name unseres Hauses, eines der markantesten Gebäude in der Aachener Skyline, ein wichtiges Zeichen.“

Ein gemeinsames Fest für den Zusammenhalt
Die Veranstaltung zog viele Bewohnerinnen und Bewohner sowie auch weitere Studierende an, die gespannt dem Moment der Enthüllung folgten. Nach dem offiziellen Akt versammelten sich etwa 250 Studierende zu ihrem eigenen Fest im Innenhof. Das Studierendenwerk unterstützte mit Grillgut für mehrere Hundert Bewohnerinnen und Bewohner – ein Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls und des respektvollen Miteinanders. „Besonders in diesen multikulturellen Wohnheimen ist es wichtig, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich miteinander leben und in Kontakt miteinander treten“, so Sebastian Böstel.

Geschichte und Gegenwart
Die vier Türme an der Rütscher Straße wurden zwischen 1965 und 1968 erbaut. Sie entstanden im Zuge eines Wettbewerbs unter dem Motto „Wie wollen wir wohnen?“ und waren damals innovative Projekte zur Unterbringung von rund 1.000 Studierenden. Sie sind seit Jahrzehnten integraler Bestandteil des studentischen Lebens in Aachen. Alle Gebäude wurden damals nach berühmten – männlichen – Persönlichkeiten benannt. Die drei Nachbartürme des Renate-von-Brause-Haus tragen bis heute die Namen Walter Eilender, Theodore von Kármán und Otto Intze.  

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