Studienfinanzierung

Vielen Studierenden fehlt eine sichere Existenzgrundlage

Studieren in Pandemiezeiten: Vielen Studierenden fehlt eine sichere Existenzgrundlage

  • Überbrückungshilfe für Studierende zum 30. September beendet
  • Rund 3,45 Millionen Euro für Aachener und Jülicher Studierende
  • Studierendenwerk unterstützt Forderung des Deutschen Studentenwerks nach einem existenzsichernden BAföG


Aachen, 6. Oktober 2021.
Infolge der Corona-Pandemie fehlten vielen Studierenden Einkünfte, die sie durch Nebenjobs oder familiäre Unterstützung fest eingeplant hatten. Insbesondere die zwei Lockdown-Phasen nahmen vielen angehenden Akademikern wichtige existenzsichernde Grundlagen. Mit Leistungen in Höhe von insgesamt fast 182 Millionen Euro und bis zu 500 Euro Einzelleistung pro Monat unterstützte der Bund im Rahmen der „Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingten Notlagen“ diejenigen, die sich in akuter finanzieller Not befanden und keinen Anspruch auf andere Hilfen hatten. Da sich der stark angeschlagene studentische Arbeitsmarkt nun vielerorts erholt hat und die Antragszahlen zum Schluss stark rückläufig waren, ließ der Bund die seit Juni 2020 laufende Überbrückungshilfe zum 30. September planmäßig auslaufen.   

Das Studierendenwerk Aachen, das im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) insgesamt 13.237 eingegangene Anträge auf Überbrückungshilfe von Studierenden der RWTH und der FH Aachen bearbeitete, zieht zum Ende eine positive Bilanz: Pro Monat konnten im Durchschnitt Leistungen an 490 Studierende gezahlt werden. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Förderung betrug dabei monatlich 441 Euro. Insgesamt bewilligt wurden Fördergelder in Höhe von 3.449.200 Euro. Abgelehnt werden mussten rund 40 Prozent der Anträge, da sie, insbesondere zu Beginn der Überbrückungshilfe, nicht dem Kriterienkatalog des BMBF entsprachen.

Sebastian Böstel, Geschäftsführer des Studierendenwerks, zeigt sich bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Bund sehr zufrieden und ist froh, dass die notleidenden Studierenden mit der „aus dem Boden gestampften“ Hilfe schnell und unbürokratisch erreicht werden konnten. Auch lobt er das Engagement seiner Beschäftigten, die sich unter Hochdruck in das neue Aufgabengebiet einarbeiten mussten. Die hohe Zahl der Antragssteller sieht er kritisch: „Die Zahlen machen deutlich, dass es verhältnismäßig viele Studierende gibt, die sich ausschließlich über Nebenjobs finanzieren und weder ausreichend BAföG bekommen, noch über ihre Familie abgesichert sind. Sie gehören definitiv zu den Gruppen, die benachteiligt sind und sich in einer sozialen Sackgasse befinden, wenn diese Jobs wegbrechen. Die Pandemie hat uns das noch einmal deutlich vor Augen geführt – nicht zuletzt vor diesem Hintergrund muss dringend eine Erneuerung des BAföG stattfinden.“

Einfluss auf die Antragslage im BAföG-Bereich
Als sozialer Dienstleister für rund 64.000 Studierende ist das Studierendenwerk Aachen in das Thema Studienfinanzierung stark eingebunden. Rund 30 Beschäftigte vom Amt für Ausbildungsförderung kümmern sich vorrangig um die Bewilligung von BAföG. Für die staatliche elterneinkommensabhängige Förderung vom Staat ließ sich im Jahr 2020, wie an fast allen Hochschulstandorten bundesweit, auch in Aachen ein rückläufiger Trend bei den Erstanträgen beobachten. Zwar waren aufgrund der Pandemiesemester und den damit verbundenen Ausnahmeregelungen mehr Wiederholungsanträge eingegangen, die Zahl der Erstgeförderten entwickelte sich jedoch weiter zurück. Lag die Förderungsquote in Aachen im Jahr 2015 noch bei 15 Prozent, betrug sie 2020 nur noch 10,9 Prozent.

Julia Hövelmann, Abteilungsleiterin Studienfinanzierung, erläutert: „Positiv war, dass sich die Regelstudienzeit durch die „Corona-Semester“ erhöht hat und die Vorlage der Leistungsnachweise verschoben wurde, sodass Studierende länger BAföG-Leistungen in Anspruch nehmen konnten. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass zu niedrige Freibeträge bei den Einkommen der Eltern, die Vorgaben bei der Förderung von ausländischen Studierenden sowie die Leistungsnachweiserbringung nach dem vierten Semester das BAföG für viele nicht zugänglich machen.“ Auch scheuten sich viele Studierende davor, einen Antrag zu stellen. Verschuldungsängste spielten nach wie vor eine Rolle. Einen weiteren Grund sieht Hövelmann in der Antragsstellung: Trotz der Neugestaltung der Formblätter und „BAföG-online“ sei die Beantragung in Papierform wenig fortschrittlich. Die Digitalisierung des BAföG laufe somit leider nur sehr schleppend an.

Forderung nach einem existenzsichernden BAföG
Das Studierendenwerk unterstützt die vom Deutschen Studentenwerk formulierte Forderung nach einer grundlegenden BAföG-Reform. Sebastian Böstel: „Auch wenn sich die finanzielle Situation für die meisten Studierenden gebessert und die Überbrückungshilfe ihren Dienst getan hat, brauchen wir dauerhaft eine existenzsichernde Ausgestaltung durch Anpassung der BAföG-Sätze, ausstattungs- und studienbezogene Einmalzahlungen und eine Ausweitung des grundsätzlichen BAföG-Anspruchs auf mehr Studierende.“  

 

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